Künstler sind nicht „System-relevant“?
Künstler sind nicht „System-relevant“?

Künstler sind nicht „System-relevant“?

Künstler sind nicht „System-relevant“?

Künstler sind nicht „System-relevant“? Seit nunmehr 2 Jahren gängelt uns als Gesellschaft die Pandemie mit Covid-19 und viele sind direkt davon mit wirtschaftlichen Verlusten bis hin zur kompletten Insolvenz betroffen. Geschäfte mussten schließen, ebenso wie Restaurants, Kneipen, Kinos, Clubs, Diskotheken und auch Konzert-Hallen. Wir alle wissen das schon.

Jedoch Künstler insbesondere Musiker und andere Kulturschaffende wurden seit 2 Jahren mit einem „quasi“ Berufsverbot belegt. Wir durften weder unseren Beruf ausüben, noch Konzerte mehr spielen. Ja noch nicht einmal auf der Strasse (an frischer Luft!) ggf. Strassenmusik machen um wenigstens irgendwie Geld verdienen und unsere Mieten bezahlen (oder unsere Familien ernähren) zu können. Das einzige was blieb waren Online-Streaming-Angebote welche meist nur dazu dienten den Kontakt zu den Fans nicht zu verlieren. Geld gebracht haben sie meist keins oder nur wenig.

(Quelle Backstagepro)

Staatshilfen als Lösung?

Zwar wurde im Sommer 2020 mit der ersten Staatshilfe (genannt Überbrückungshilfe I) für Unternehmen und „Solo-Selbstständige“ begonnen.
Die sog. Corona-Hilfe I konnte vom Juni bis August 2020 beantragt werden. Diese Hilfen waren aber (bewusst oder unbewusst?) so verschachtelt konstruiert, so kompliziert in der Antragstellung und mit Bedingungen verknüpft daß sie speziell kaum ein Selbstständiger erfüllen konnte. Und selbst wenn, Pferdefuß an der Hilfe: man durfte diese nur für so.g. „Betriebsausgaben“ verwenden nicht aber für Kosten des täglichen Lebens wie Miete, Lebensmitel o.ä.

Welcher Künstler hat aber effektive „Betriebsausgaben“ wie Geräte-Wartung, Personalkosten oder jährliche Kosten für Verbandsmitgliedschaften? Die Miete und Ausgaben des täglichen Lebens waren ja nicht in die Hilfen inkludiert!

Schauen wir uns die Zahlen des BMF einmal an.

Insgesamt wurden inzwischen rund 57 Mrd. Euro als Zuschüsse ausbezahlt. Allein bei der Überbrückungshilfe III sind es inzwischen rund 22 Mrd. Euro. Über 300.000 Soloselbstständige profitierten schon von einer Betriebskostenpauschale, insgesamt wurden bislang mehr als 1,5 Mrd. Euro dieser Neustarthilfe ausgezahlt. Dazu kommen Kredite, Bürgschaften und Beteiligungen ‚- wie etwa bei der Lufthansa. Hier wird der Staat das Geld nach der Krise zurückerhalten. Der Bund hilft allen Unternehmen außerdem durch umfangreiche steuerliche Maßnahmen, wie Stundungen oder Anpassungen von Vorauszahlungen, die bislang in Höhe von rund 109 Mrd. Euro in Anspruch genommen worden sind. Hinzu kommen dauerhafte gesetzliche steuerliche Veränderungen, die sich bis heute auf rund 39 Mrd. Euro summieren.

Quelle: BMF

Diese Zahlen stammen aus dem Monatsbericht des BMF (Bundesministerium Finanzen) aus dem November 2021.

Künstler sind nicht „System-relevant“?

Also, repetieren wir einmal: von den im Sommer 2020 angekündigten 130 Milliarden (man erinnere sich an Finanzminister Scholz ¥s groß angekündigte „Bazuka“) wurden in Tatsache bis Ende 2021 nur rund 1/3 also 53 Milliarden effektiv ausgezahlt. Davon gingen gerade einmal 1,5 Milliarden an Solo-Sebstständige, zu denen unter anderem auch jegliche andere Selbstständige mit Kleinunternehmen wie GbRs, Rechtsanwälte, Journalisten, Grafiker und viele andere, also nicht einmal ausschliesslich die Künstler, zählen.

Altmair

Musiker sind ergo auch nicht „system-relevant“?

Statt dessen wurden von der Vorgänger-Regierung unter Wirtschaftsminister Altmaier vielen Groß-Unternehmen absolut großzügige Staatshilfen gewährt.

Allein der Lufthansa wurde als „System-relevantes“ Unternehmen eine Staatshilfe in Höhe von 9 Milliarden(!) Euro gewährt.

Immerhin es wurden die Hilfen für „Solo-Selbstständige“ ein Stück weit nachjustiert. Aber reichte das?

Haben die Staatshilfen den Musikern das (Über-)Leben gesichert?

Schauen wir weiter was das BMF von sich selbst in seinem Bericht sagt:

Viele Soloselbstständige waren stark von der Krise betroffen. Im Verlauf der Fördermonate der Überbrückungshilfen zeichnete sich aber ab, dass oftmals Soloselbstständige aufgrund fehlender Fixkosten nicht an den Programmen teilnehmen konnten. Deshalb wurde mit der Neustarthilfe Anfang 2021 ein spezielles Programm für Soloselbstständige aufgelegt. Anstelle einer Einzelerstattung von Fixkosten können Soloselbstständige eine Betriebskostenpauschale als Vorschuss für den Förderzeitraum beantragen, welcher in Abhängigkeit zum tatsächlichen Umsatzrückgang anteilig zurückgezahlt werden muss. Mit der Neustarthilfe Plus wurde auch dieses Programm parallel zur Überbrückungshilfe bis Ende 2021 verlängert.

Quelle BMF

Damit gbt das Ministerium zumindest zu, daß Solo-Selbständige zu welchen wir Musiker ja auch gehören, im gesamten Jahr 2021 komplett durchs Raster gefallen sind. Zumindest großen Teilen.

Um einen Eindruck davon zu bekommen wie die Hilfen strukturiert waren und sind (wobei diese teilweise von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich ausgelistet werden, im großen Ganzen aber doch sehr ähnlich strukturiert sind), hier ein Beispiel dazu aus Nordrhein-Westfalen:

corona_hilfe_05

Genauso wenig wie die groß angekündigten Staatshilfen tatsächlich im vollen Umfang bei denjenigen angekommen sind die sie wirklich gebraucht hätten, genauso wenig sind anscheinend normale „Musik-Konsumenten“ bereit Künstler für ihre Kunst zu entlohnen.

Schauen wir doch nochmal auf die staatlichen Hilfen und ihre Möglichkeiten:

Grundvoraussetzungen für die Überbrückungshilfe III

Die Überbrückungshilfe III kann nur durch Steuerberater, Rechtsanwälte oder Wirtschaftsprüfer beantragt werden. Diese müssen begutachten, ob ein Unternehmen einen coronabedingten Umsatzeinbruch von mindestens 30% im Vergleich zum Referenzmonat vor Ausbruch der Pandemie im Jahr 2019 erlitten hat. Im Detail haben sich einige Veränderungen ergeben, die wir schon in einem früheren Artikel behandelt haben. Die Überbrückungshilfe III kann jedoch nicht beantragt werden, wenn für einen Zeitraum bereits ein anderes Hilfspaket in Anspruch genommen wurde. So können Unternehmen zum Beispiel keine Überbrückungshilfe III für die Monate November und Dezember beziehen, wenn sie November- oder Dezemberhilfen erhielten. Die Überbrückungshilfe kann in so einem Fall erst ab Januar 2021 bezogen werden.

Quelle: BackstagePro.de

Auch mit dieser 2. und 3. Staatshilfe wurden größtenteils die Künstler und Kulturschaffenden also weiterhin allein gelassen. Seit 2020 und auch 2021 keine Einnahmen. Auf der einen Seite durch Schließung sämtlicher Auftrittsmöglichkeiten mit komplettem Berusfsverbot belegt werden die Künstler und Kulturschaffenden auf der anderen Seite nicht mitgenommen und ihnen ein Überleben gesichert weil man die Staatshilfen so formuliert und ausgestaltet dass die meisten trotzdem „hinten herunter fallen“.

Welchen Stellenwert hat Musik für die Gesellschaft?

Diese für uns Künstler sehr wichtige um nicht zu sagen existentielle Frage sollte von der Gesellschaft (also von uns allen(!), dringend neu bewertet und genau beantwortet werden.

Viele Menschen äussern sich, auf die Frage welche Bedeutung z.B. Musik für sie in ihrem Leben hat, mit „eine sehr große“! Manche sagen sogar ohne Musik könnten oder wollten sie nicht leben.
Das ist natürlich schön und zeigt, zumindest ein Stück weit, den „ideellen Wert“ den Musik für viele Menschen in unserer Gesellschaft zu haben scheint. Aber warum zeigt sich das dann nicht auch in „barer Münze“, also sprich wird entsprechend finanziell honoriert?

Künstler sind nicht "System-relevant"?

Schon vor der Pandemie eine unsägliche Entwicklung, wandeln mittlerweile immer mehr Clubs und Kneipen in welchen früher Bands und Musiker „engagiert“ wurden, ihre Events mit Live-Musik in sog. „Open-Stage“- oder „Hut-Konzert“-Veranstaltungen um.

Das bedeutet im Klartext: der Veranstalter zahlt den Künstlern keine (feste) Gage mehr wie es früher normal war. Sondern die Künstler bekommen, wenn es gut läuft, den Inhalt eines Hutes der quasi auf „Spendenbasis“ umhergeht. Das kann im Idealfall sogar eine gute Gage sein, wenn die Gäste des Abends etwas hinein tun. Im schlimmsten Fall geht der Künstler aber auch komplett leer aus oder kann von der „Gage“ gerade mal seine Anfahrt selbst bezahlen. Verdienen kann man so kein Geld.

Almosen als „gerechte Bezahlung“?

Eine Entwicklung wie diese halte ich persönlich für geradezu fatal. Denn wie sollen Musiker von ihrer jahrelang erarbeiteten Kunst ihren Lebensunterhalt bestreiten können wenn sie ständig nur Almosen verdienen?

Ja, ich nenne das ganz klar Almosen. Ein Hut kann ja manchmal voll sein, aber eben auch leer. Was also hat das noch mit gerechter Bezahlung zu tun? Man wirft einem Obdachlosen, einem „Bettler“ ein Almosen in den Hut. So wird also heute die Lebens- und Arbeits-LEISTUNG eines Künstlers wahrgenommen und honoriert?

Kein gelernter Handwerker, Arzt, Rechtsanwalt oder anderer der seinen Beruf über Jahre erlernt und ausgeübt hat würde zu diesen Bedingungen einen Finger krumm machen! Uns Musikern bleibt nichts anderes übrig. Sonst verdienen wir gar nichts mehr.

Immer öfter bleiben kleine Konzerthallen leer oder nur unzureichend gefüllt weil der Veranstalter einen Eintritt in meist geringer Höhe ansetzt. 15-20.-‚Ǩ für den Eintritt in ein Konzert einer ggf. unbekannten Band zu bezahlen scheint vielen schon zu viel zu sein. Jedenfalls lässt sich das den Aussagen von Konzert- und Event-Veranstaltern festmachen.

Für große Konzerte welche bekannte Stars in riesigen Stadien veranstalten, für riesen Festivals, ja da wird gern einmal 150.-‚Ǩ und mehr für eine Karte bezahlt. Sogar manchmal nur für einen einzigen „Superstar“

Wie Musik auf den Menschen wirkt

Also welchen „Wert“ bemessen wir der Musik und denen die seie machen zu? Schauen wir uns mal an was Musik alles bewirken kann, aus einer medizinischen Sicht.

Musik verändert den Herzschlag, den Blutdruck, die Atemfrequenz und die Muskelspannung des Menschen. Und sie beeinflusst den Hormonhaushalt. Die Klänge wirken vor allem auf Nebenniere und Hypophyse.
Je nach Musikart werden verschiedene Hormone abgegeben ‚- Adrenalin bei schneller und aggressiver Musik, Noradrenalin bei sanften und ruhigen Klängen. Letztere können so zum Beispiel die Ausschüttung von Stresshormonen verringern und die Konzentration von schmerzkontrollierenden Betaendorphinen im Körper erhöhen.
Musik kann so tatsächlich Schmerzen dämpfen. Folgerichtig wird sie deshalb heute schon in der Medizin in den verschiedensten Bereichen therapeutisch eingesetzt. Vor allem in der Psychiatrie und in der Schmerztherapie leistet sie nützliche Dienste.Auch in der Rehabilitation von Schlaganfallpatienten und in der Geriatrie kann sie ein wertvolles Hilfsmittel sein. Denn Musizieren kann wie ein Jungbrunnen auf das Gehirn wirken, weil dabei neue Nervenverschaltungen gebildet werden.

Quelle: Planetwissen.de
Musiker sind nicht System-relevant?

Soviel zur eher wissentschaftlichen Betrachtung von Musik. Hier kann man schon ablesen welch große Auswirkungen Musik auf die Psyche und den Körper des Menschen haben kann.

Was denkt „Otto-Normalverbraucher“ über Musik?

Aber wie sieht es mit der eher subjektiven Aussagen von „ganz normalen Menschen“ aus die Musik konsumieren? Die Musik lieben? Hören wir mal hinein in „Volkes Stimme“. Hier die Aussage eines Lesers welche ganz gut zusammen fasst was viele zum Thema Musik in ihrem Leben denken:

„Musik spielt schon lange eine wichtige Rolle bei den Menschen. Ob es nun die Aufgabe ist, seine Meinung der Welt durch ein Lied mitzuteilen, die Menschen auf etwas aufmerksam zu machen, oder jemandem auf eine besonders schöne Art zu sagen, dass man ihn liebt. Viele Menschen verbinden mit den unterschiedlichsten Melodien und Texten, Erinnerungen, ob schöne oder schlechte. Auch zum Entspannen, als gute-Laune-Bringer und Hilfe gegen Herzschmerz wird Musik oft verwendet. Früher war sie auch als reine Belustigungsart auf Festen und Feierlichkeiten vorgesehen. Musik ist überall, und das ist schön so! ;)“ (User schlauf36)

Quelle: Gutefrage.net

Fazit

Musik lieben die meisten Menschen. Nur leider sind nicht wirklich alle bereit Musiker für ihre Leistung auch angemessen zu bezahlen. „Geiz ist nach wie vor geil“ das kann man hier leider mit Fug und Recht sagen ist nach wie vor so.

Wenn sich dies nicht schnell ändert und bald ein Umdenken in der Gesellschaft stattfindet, so wird es auch bald keine freien Künstler mehr geben „können“ – einfach schlicht weil diese nicht mehr überleben können. Bereits heute ist der Beruf des Musikers ein Leben am Abgrund. Corona hat dies nicht besser gemacht sondern im Gegenteil noch verschärft.

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